Sie können zur
normalen Entwicklung der Sehfähigkeit Ihres Kindes und zur
frühzeitigen Erkennung von möglichen Sehstörungen
beitragen, wenn Sie Ihr Kind aufmerksam beobachten und bei den unten
aufgeführten Besonderheiten mit Ihrem Kinderarzt sprechen. Wichtig
für die Sehentwicklung Ihres Kindes ist, daß
Sehstörungen frühzeitig erkannt werden, weil dann die
Behandlung die besten Erfolge bringt.
Kinder sollten dem Augenarzt
vorgestellt werden...
- Sofort: Kinder mit Auffälligkeiten im Bereich
der Augen (ein- oder beidseitig) wie z. B. Lidveränderungen
(insbesondere hängende Lider mit Verletzung der Pupille),
Trübungen der Hornhaut, Augenzittern oder große Augen mit
Lichtscheu.
- ...mit 1/2 Jahr, spätestens mit 1 Jahr: Alle
Risikokinder für Schielen, Brechungsfehler und/ oder erbliche
Augenerkrankungen, z. B. Frühgeburten (Schielen, Kurzsichtigkeit),
Kinder schielender oder stark fehlsichtiger Eltern
(Brillenträger!), Kinder aus Familien mit bekannten und bereits
bei Geburt vorhandenen erblichen Augenerkrankungen.
- ...bis zum Ende des 2. Lebensjahres: Alle
übrigen Kinder zur Entdeckung des kleinwinkligen Schielens und von
Brechungsfehlern.
Nach der Entwicklung eines normalen beidäugigen Sehens kann in den
Folgejahren noch ein gut behandelbares Normosensorisches
Spätschielen auftreten. Bitte veranlassen Sie die Überweisung
zum Augenarzt durch Ihren Kinderarzt.
Das Schielen
- Wie wirkt sich Schielen auf das Leben aus?
- Räumliches Sehen
- Amblyopie
- Wie Babies sehen und Sehen lernen
- Die verschiedenen Formen des Schielens
- Einseitiges (monolaterales) Schielen
- Wechselseitiges (alternierendes)
Schielen
- Wie entsteht Schielen?
- Gibt es beim Schielen Früh- oder
Warnzeichen?
- Woran merkt man, dass ein Auge amblyop ist?
- Wie wird Schielen behandelt?
- Amblyopiebehandlung
- Die Schieloperation
- Wie können Eltern und Augenarzt
zusammenarbeiten?
Schielen (Strabismus) nennt man meist beständige oder immer wieder
auftretende Fehlstellung der Augen. Rund zwei Millionen Mitbürger
leiden an Schielen. Sie leiden nicht nur unter der oft entstellenden,
äußerlich sichtbaren Abweichung: noch belastender wirken die
mit dem Schielen verbundenen Sehstörungen. Schielen ist eben nicht
nur ein Schönheitsfehler, sondern oft eine schwere Sehbehinderung.
Je früher das Schielen im Leben des Kindes auftritt, je
später es vom Augenarzt behandelt werden kann, desto schwerer wird
die Sehbehinderung. Mit Beginn des Schulalters sinken die
Erfolgschancen der Behandlung erheblich. Schielende Babys und
Kleinkinder bedürfen einer möglichst frühzeitigen
Behandlung.
Wie wirkt sich
Schielen auf das Leben aus?
Damit wir den Raum um uns richtig wahrnehmen
können, müssen unsere beiden Augen in die selbe Richtung
schauen. In jedem Auge entsteht dabei jeweils ein Bild, das sich nur
geringfügig von dem anderen unterscheidet. Diese beiden Bilder
werden im Gehirn zu einem einzigen dreidimensionalen Seheindruck
verschmolzen. Beim Schielen wird der Unterschied zwischen den beiden
Bildern durch die Fehlstellung zu groß. Sie können im Gehirn
nicht mehr richtig zur Deckung kommen. So entstehen störende
Doppelbilder. Das kindliche Gehirn kann sich gegen Doppelbilder wehren,
indem es das vom schielenden Auge übermittelte Bild einfach
unterdrückt.Der Vorgang hat meist verhängnisvolle Folgen: das
nichtbenutzte Auge wird nämlich nach einiger Zeit sehschwach
(amblyop).
Amblyopie nennt man die Sehschwäche eines
organisch sonst gesunden Auges. Ohne Behandlung entwickeln nahezu 90 %
aller Schielkinder eine einseitige Amblyopie. Wird diese
Schielschwachsichtigkeit nicht rechtzeitig entdeckt und behandelt,
bleibt sie lebenslang bestehen. Das Kind kann dann nie mehr lernen,
richtig beidäugig oder gar dreidimensional zu sehen. Es ist mehr
durch Unfälle gefährdet und außerdem bei der Berufswahl
beeinträchtigt. Eine rechtzeitige Behandlung kann die Amblyopie so
gut wie immer verhindern oder beseitigen und meist auch gutes
räumliches Sehen herstellen.
Wie Babies sehen
und Sehen lernen
Babys können schon kurz nach der Geburt mit ihren Augen ihre
Umwelt wahrnehmen - allerdings nur undeutlich. Die Sehschärfe
muß sich erst noch durch ständiges Üben entwickeln.
Dazu steht lediglich ein begrenzter Zeitraum zur Verfügung. Mit
Schulbeginn ist das "Lernprogramm" der Augen praktisch abgeschlossen.
Es gilt: "Was Hänschen nicht sieht, sieht Hans nimmermehr".
In den ersten Lebenswochen kann ein Kind die Bewegung der beiden Augen
noch nicht richtig koordinieren. Flüchtige Fehlstellungen sind in
dieser Zeit kein Grund zur Beunruhigung. Sie können auch in den
nächsten Monaten gelegentlich auftreten: Auch das Fixieren will
gelernt sein. Wenn jedoch ein Auge ständig von der Richtung des
anderen abweicht, ist keine Zeit zu verlieren. Der Augenarzt kann das
Schielen schon im Säuglingsalter diagnostizieren und wird die
Behandlung zum richtigen Zeitpunkt einleiten.
Die verschiedenen
Formen des Schielens
Beim Schielen weicht ein Auge von der
Blickrichtung des anderen ab. Die Abweichung kann dabei so gering sein,
daß sie selbst aufmerksamen Eltern entgeht. Oft schielt immer das
selbe Auge, weil es die schlechtere Sehschärfe oder die geringere
Beweglichkeit besitzt. Der Augenarzt spricht dann von einseitigem
(monolateralem) Schielen.
Sind beide Augen gleichwertig, beobachtet man
ein wechselseitiges (alternierendes) Schielen. Das schielende Auge kann
in verschiedenen Richtungen vom nicht-schielenden Auge abweichen: nach
innen (Einwärtsschielen), nach außen
(Auswärtsschielen), nach oben oder unten (Höhenschielen) oder
durch Verdrehung um die Sehachse (Verrollungsschielen). Nicht selten
treten Abweichungen unterschiedlicher Richtung bei einem Kind
gleichzeitig auf. Das latente Schielen läßt sich nur
nachweisen, wenn das beidäugige Sehen durch Abdecken eines Auges
oder auf ähnliche Weise aufgehoben wird. Latentes Schielen kann im
Schulalter Kopfschmerzen und Leseunlust auslösen. Ist eine
Fehlstellung beliebiger Richtung wiederholt oder ständig zu
beobachten, spricht man vom manifesten Schielen. Zum manifesten
Schielen gehört auch das Mikroschielen - in der Regel einseitig
nach innen gerichtet und so geringfügig, daß die Eltern es
nicht erkennen oder gar niedlich finden. Schielen ist nie harmlos oder
nur niedlich, es "wächst sich auch nicht aus", sondern bewirkt
eine einseitige Sehschwäche und schwere Störungen des
beidäugigen und vor allem des dreidimensionalen Sehens, wenn die
notwendige augenärztliche Behandlung verzögert wird.
Wie entsteht
Schielen?
Schielen hat viele Ursachen. Die Tatsache, daß Schielen in
manchen Familien gehäuft auftritt, läßt darauf
schließen, daß zumindest die Veranlagung erblich sein kann.
Vor allem wenn ein Elternteil schielt oder gegen Schielen behandelt
wurde, sollte das Kind schon im ersten Lebensjahr dem Augenarzt
vorgestellt werden. Häufig bleibt die Fehlstellung allerdings in
der Familie ein Einzelfall, von dem Jungen wie Mädchen
gleichermaßen betroffen sein können. Auch Risikofaktoren,
die während der Schwangerschaft oder Geburt auftreten, können
Schielen bewirken. In vielen Fällen sind die Ursachen am Auge
selbst zu suchen, z.B. angeborene seitenungleiche Brechungsfehler,
einseitige Linsentrübungen, Tumore im Auge oder Verletzungen. Auch
bei angeborenen Ursachen muß die Schielstellung nicht gleich nach
der Geburt sichtbar sein. Bei angeborenen Brechungsfehlern tritt
Schielen ein, wenn das Kind genauer zu fixieren beginnt. Dabei benutzt
das Kind ausschließlich das funktionell bessere Auge, wodurch das
stärker fehlsichtige Auge eine Sehschwäche (Amblyopie)
entwickelt, wenn es nicht durch zusätzliche augenärztliche
Maßnahmen "trainiert" wird. Manchmal tritt eine "erworbene"
Fehlstellung auch plötzlich auf, z.B. bei Kinderkrankheiten, bei
hohem Fieber, nach Unfällen - etwa Gehirnerschütterung,
Linsentrübung oder Netzhautablösung - oder aber in schweren
seelischen Krisen.
Gibt es beim
Schielen Früh- oder Warnzeichen?
Kinder mit auffälligem Schielen haben die besten Chancen, weil sie
von ihren Eltern schon aufgrund des "Schönheitsfehlers"
frühzeitig dem Augenarzt vorgestellt werden. Leider sind die kaum
oder nicht sichtbaren Abweichungen in der Überzahl. Sie fallen oft
erst dann auf, wenn ein Auge bereits amblyop ist - etwa beim
Einschulungssehtest, wenn es für eine erfolgreiche Behandlung
meist zu spät ist. Allein aus diesem Grund haben 4 % der
Mitbürger eine erhebliche einseitige Sehschwäche. Es ist
daher sehr wichtig, alle Merkmale zu kennen und zu beachten, die
Hinweise auf ein drohendes oder schon eingetretenes Schielen geben
können:Lichtempfindlichkeit, Augentränen, Zukneifen eines
Auges, Verstimmung oder Reizbarkeit, chronische Lidrandentzündung,
schiefe Kopfhaltung und ungeschickte Bewegung sind Alarmzeichen. Jedes
Zeichen für sich ist ein triftiger Grund, sofort den Augenarzt zu
Rate zu ziehen. Bei nicht zu kleinen Abweichungen können Sie bei
Ihrem Baby das Schielen so erkennen: Stellen Sie sich mit dem
Rücken zum Fenster oder unter eine Deckenleuchte. Halten Sie Ihr
Baby so vor sich, daß seine Augen zum Licht gerichtet sind. Sie
sehen auf der Hornhaut beider Augen kleine Spiegelbilder des Fensters
oder der Deckenleuchte. Die Spiegelbilder müssen in beiden Augen
seitengleich zur Pupille liegen. Ist ein Spiegelbild verschoben, teilen
Sie Ihrem Augenarzt unverzüglich Ihre Beobachtung mit.
Woran merkt man,
dass ein Auge amblyop ist?
Eine einseitige Sehschwäche ohne Schielen kann ein Laie bei
kleinen Kindern leider nicht erkennen. Auch die Vorsorgeuntersuchung U1
bis U8, auf die alle Kinder gesetzlichen Anspruch haben, konnten
bestehende Fehler leider nicht in allen Fällen aufdecken. Dies
liegt einmal daran, daß längst nicht alle Eltern dieses
Angebot wahrnehmen, zum anderen findet keine dieser Untersuchungen in
der Augenarztpraxis statt, wo die besten Voraussetzungen bestehen, die
Amblyopie schon bei Säuglingen und Kleinkindern zu erkennen. Die
um den dritten bzw. vierten Geburtstag vorgesehenen
Vorsorgemaßnahmen U7 bzw. U8 mit Augenuntersuchungen kommen auch
für sehr früh aufgetretene Amblyopien reichlich spät. Es
ist daher allen Eltern dringend zu empfehlen, sämtliche
angebotenen Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch zu nehmen und ihr Kind
zusätzlich Ende des zweiten Lebensjahres ihrem Augenarzt
vorzustellen.
Wie wird Schielen
behandelt?
Einwärtsschielen, das erst im zweiten Lebensjahr oder später
auftritt, wird bei mehr als der Hälfte der Kinder durch
nichtkorrigierte Fehlsichtigkeit verursacht. Dabei handelt es sich in
der Regel um eine stärker ausgeprägte Übersichtigkeit.
Bei sehr vielen dieser Kinder wird das Schielen von der richtigen
Brille beseitigt, bei anderen verringert es sich zumindest. Bisweilen
muß man versuchen, das schielende Kind schon im zweiten
Lebensjahr mit einer Brille zu behandeln.
Amblyopiebehandlung
Zur Verhinderung oder auch Beseitigung der Amblyopie dient die
Okklusionsbehandlung, bei der Klebepflaster nach Anweisung des
Augenarztes in einem bestimmten Wechselrhytmus auf das nicht-schielende
Auge bzw. schielende Auge geklebt werden. Der Pflasterverschluß
des nicht-schielenden Auges soll das Training des schielenden Auges
bewirken. Der Pflasterwechsel verhindert eine okklusionsbedingte
Sehschwäche des nicht-schielenden Auges. Wenn ein Kind die
Hautpflasterbehandlung nicht verträgt, wird der Augenarzt
Augentropfen oder Augensalbe verordnen, die nach festgelegtem Zeitplan
in das nicht-schielende Auge gegeben werden. Dadurch wird die Pupille
des besseren Auges erweitert; die inneren Augenmuskeln werden
vorübergehend entspannt, damit das Kind überwiegend das
schielende Auge benutzt und dieses so "trainiert".
Die wichtigster Voraussetzung für den Erfolg der
Amblyopiebehandlung ist das sorgsame Einhalten der vom Augenarzt in
jedem einzelnen Fall für das schielende Auge und das
nicht-schielende Auge exakt ermittelten Behandlungs- bzw.
Trainingsphasen. Führen bei älteren Vorschulkindern und bei
jüngeren Schulkindern mit Amblyopie Brille, Okklusion und
Augentropfen bzw.-salbe nicht zu einer Besserung der Sehschärfe,
kann bisweilen eine vom Augenarzt verordnete Schulungsbehandlung
weiterhelfen.
Die Amblyopievorsorge und -behandlung muß meist über Jahre
bis ins Wachstumsalter hinein zusätzlich zur Brille und auch nach
erfolgreicherer Operation fortgesetzt werden. Bei Schulkindern kann
meist der Verschluß eines Brillenglases das Hautpflaster
ersetzen.
Die
Schieloperation
Bei der Hälfte der Schielkinder muß die Fehlstellung durch
Operation an den äußeren Augenmuskeln beseitigt werden.
Manchmal ist die operative Stellungskorrektur Voraussetzung für
alle weiteren Maßnahmen. In der Regel wird die Operation erst
dann durchgeführt, wenn das Kind die Brille verläßlich
trägt, mit beiden Augen annähernd gleich gut sieht und sich
ausreichend untersuchen läßt. Die Operation beseitigt nicht
die Sehschwäche und bewirkt auch nicht immer eine unmittelbare
Verbesserung des räumlichen Sehens. Beides bedarf in der Regel
weiterer augenärztlicher Behandlung. Die Operation macht auch die
Brille nicht überflüssig, weil Brechungsfehler nur durch die
Brille ausgeglichen werden können. Schieloperationen sind
ausgesprochen risikoarm und haben gute Erfolgsaussichten. Sie werden am
Augenarzt bei Kindern in Allgemeinnarkose ausgeführt, d.h. nach
der Beruhigungsspritze spürt das Kind von dem Eingriff nichts
mehr. Das operierte Auge reagiert natürlich, jedoch in
erträglichem Maße nach dem Aufwachen für etwa 48
Stunden - vor allem bei Augenbewegungen. Bei der Operation wird das
Auge weder herausgenommen noch aufgeschnitten. Der Augenarzt
öffnet lediglich die leicht heilende Bindehaut, um die
Augenmuskeln zu regulieren. Von der Art der Fehlstellung und vom
Ergebnis der Vorbehandlung hängt es ab, ob eineinmalliger Eingriff
genügt.
Wie können
Eltern und Augenarzt zusammenarbeiten?
Mit Ausnahme der Operation ist der Augenarzt bei allen anderen
Therapiemaßnahmen nur erfolgreich, wenn die Eltern
zuverlässig mitwirken. Der Augenarzt muß sich darauf
verlassen können, daß die verordnete Brille ausnahmslos und
ununterbrochen vom Kind getragen wird, daß bei der
Okklusionsbehandlung Haut- oder Brillenpflaster nicht länger als
vorgeschrieben auf dem Auge bleiben, jedoch ebenfalls nicht "nur mal
zwischendurch" oder vorzeitig abgenommen werden, daß Augentropfen
und- salbe genau nach Plan gegeben werden und daß kein Termin -
sei es zur Untersuchung oder zur Schulung - ausgelassen wird.
Die Behandlung einer Ambylopie kann sich bis zum 12. Lebensjahr und
manchmal darüber hinaus erstrecken, weil Rückfälle noch
bis ins Wachstumsalter hinein möglich sind.
hr Augenarzt weiß, daß Sie und Ihr Kind viel Geduld
aufbringen müssen. Er wird Sie in jeder Weise unterstützen:
medizinisch, psychologisch und durch eingehende
Informationsgespräche.
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